Regensburg (cn). Petra ist seit sieben Jahren allein mit ihrem Sohn. Der Vater des Kindes hat sich schon vor der Geburt vor der Verantwortung gedrückt. Für Mutter und Kind war es zunächst eine schwere Zeit. Job, Kind und Privatleben jeden Tag unter einen Hut zu bringen, kostet Kraft. Es gab einige Momente, wo Petra nicht mehr wusste, wie es weitergeht. Mittlerweile kommen beide über die Runden. Auch, weil sie in ihrer Pfarrei einen Platz gefunden haben, wo sie sich mit anderen Alleinerziehenden und deren Kinder regelmäßig treffen können. Sie unterstützen sich gegenseitig oder organisieren schon mal gemeinsam einen Ausflug in einen Freizeitpark. "Wir sind von Anfang an gut in der Pfarrgemeinde aufgenommen worden, den Pfarrsaal haben wir für unsere Treffen sofort bekommen", sagt Petra dankbar.
Auch für Dieter ist die Pfarrgemeinde ein Ort, wo er sich willkommen fühlt. Vor fünf Jahren hatte er einen schweren Unfall, seither ist er an einen Rollstuhl gefesselt. Regelmäßig trifft sich zum Beispiel in Vilsbiburg der Kreis für Menschen mit Behinderung. Fast 15 Familien verbringen dann gemeinsame Stunden, tauschen sich über die Probleme im Alltag aus und stärken sich gegenseitig. "Ziel der Arbeit dieses Kreises ist, Menschen mit Behinderungen zu signalisieren, dass Wert und Würde des Menschen nicht in Eigenschaften wie Gesundheit, Alter oder Geschlecht liegen, sondern im Menschsein überhaupt. Deshalb haben wir Menschen mit Behinderungen einen wirklichen Platz in der Mitte unserer Pfarrei geschaffen", sagt Martha Berger, Leiterin des Treffs in Vilsbiburg. Dieter meint dazu: "Die Leute hier sind einfach wunderbar und gehen unbefangen auf uns zu. Der Treff ist für mich zu einer Art Familie geworden."
Caritas, das Gesicht der Kirche
Nur zwei Beispiele von vielen, die zeigen, wie arm die Gesellschaft ohne das soziale Angebot der Kirche und ihrer Pfarrgemeinden wäre. "Mit Taten Zeugnis geben." So lautete die Überschrift des ersten gemeinsamen Studientags von Priesterrat, Diözesankomitee und Diözesanpastoralrat in der Diözese Regensburg. Der Tag war ein wichtiger Baustein im Rahmen der Bistumsinitiative "Erneuerung in Christus - Unser Weg". "Für alle Formen der Not bietet die Kirche Zuwendung und Hilfe", sagte Bischof Gerhard Ludwig. "Die Zuwendung zum Nächsten gehört zum Wesen der Kirche und ist ihre ureigene Aufgabe", sagte der Bischof. Kirche erneuere sich immer im Blick auf die Menschen und ihre Sorgen von innen heraus. Am ehrlichen und guten Wirken für die Menschen entscheide sich unser Schicksal. "Durch Caritas geben wir der Kirche ein Gesicht", sagte der Bischof. Er ermunterte dazu, noch mehr mit dem Herzen zu hören und die Not vor der Pfarrhaustür zu erkennen. "Auch das soziale Engagement von uns Christen ist es, was uns gegenüber Außenstehenden glaubwürdig macht. Oft finden Menschen durch empfangene Hilfe einen neuen Zugang zu Glaube und Kirche." Der Regensburger Bischof startete deshalb bereits im Jahr 2005 die "Initiative Gemeindecaritas". Vieles kann leichter und schneller getan werden, wenn sich Pfarrei und Caritasverband noch stärker miteinander vernetzten und mehr voneinander wissen. Das Feld der tätigen Nächstenliebe in der Pfarrei ist zu komplex, als dass es von einer Gruppe allein bestellt werden könnte. Die tätige Nächstenliebe als Ausweis der Christen wird in Zukunft noch notwendiger werden. Gerade die Kirche sei es ja, die zu entscheidenden ethischen Fragen eindeutig Stellung beziehe. Nicht Resignation sei deshalb angesagt, sondern im guten Sinn selbstbewusst nach vorne zu gehen, so der Bischof.
Caritas - Professionelle Dienste in großer Vielfalt
Diözesan-Caritasdirektor Bernhard Piendl informierte über die Arbeit der Caritasverbände in der Diözese Regensburg. Caritas im Bistum Regensburg, das heißt heute: über 900 sozial-caritative Einrichtungen mit mehr als 15.000 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Von der Hilfe für Obdachlose, über die Betreuung von alten und pflegebedürftigen Menschen mit und ohne Behinderung bis hin zur modernen Hochleistungsmedizin im Krankenhaus: Die Caritas erreicht im Bistum Regensburg allein durch ihr Angebot jährlich mehr als 250.000 Menschen. Egal, mit welchem Problem die Menschen zur Caritas kommen, die Tür steht allen offen, unabhängig von Konfession oder Herkunft. Sie helfen in kirchlichen Krankenhäusern und Altenheimen, in Kindergärten, Kinderhorten und Kinderkrippen, in Einrichtungen für Familien oder Menschen mit Behinderung, in Wohngruppen, Wohnheimen oder Einrichtungen für Suchtkranke oder psychisch Kranke. Aus ihrem Selbstverständnis heraus will die Caritas auch Anwalt für sozial Benachteiligte sein. Sie fördert das soziale Bewusstsein der Bevölkerung, nimmt Stellung zu aktuellen sozialpolitischen Fragen und bringt dabei die Argumente und Interessen derer zu Wort, die keine direkte Lobby in der Gesellschaft haben. Piendl betonte: "Umfragen bestätigen immer wieder, dass gerade die Caritas in der Bevölkerung großes Vertrauen genießt."
Sechs Vorzeige-Projekte aus Pfarreien
Caritas heißt aber auch zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten in den Pfarrgemeinden. Ehrenamtliche sind dort häufig unmittelbarer Ansprechpartner für Menschen, die Rat und Hilfe brauchen. Die Kirche kann sich immer noch auf ein großes Potential stützen. In fast allen Pfarrgemeinden gibt es Menschen, die sich für hilfebedürftige Menschen engagieren. Die im Verband organisierte Caritas und die Pfarrcaritas wollen zukünftig noch enger zusammenrücken. Sechs Vorzeigebeispiele gelungener Caritasarbeit in der Pfarrei wurden beim Studientag vorgestellt. Dabei handelte sich um folgende:
- Treff für Menschen mit Behinderung (Vilsbiburg),
- Nachbarschaftsnetz (Herz Jesu Regensburg),
- Gemeinsames Essen für Alleinstehende und Arme (St. Paul Regensburg),
- Kindern Lernen helfen - Hausaufgabenbetreuung (St. Michael Neutraubling),
- Treffpunkt Alleinerziehende (St. Georg Obertraubling),
- Für ein Leben zuhause im Alter: Seniorenbegleiter (Regensburg).
Zusatz-Infos
Bistumsinitiative
"Erneuerung in Christus - unser Weg". Unter diesem Leitwort steht die Initiative des Bistums Regensburg, mit der sich die Kirche in den kommenden Jahren stärken will für ihre Aufgaben in einem sich verweltlichendem Umfeld. Neben der Seelsorge und der Weitergabe des Glaubens ist die Hinwendung zum Nächsten die dritte Säule kirchlicher Erneuerung. Bischof Gerhard Ludwig Müller sagt: "Jeder soll in der Kirche den offenen Armen eines Menschen begegnen und die Liebe Gottes zu den Menschen spüren."
Priesterrat
Der Priesterrat repräsentiert die kollegiale Gemeinschaft der Priester und unterstützt den Bischof bei der Leitung der Diözese. Die 71 gewählten Mitglieder setzen sich zusammen aus den gewählten Dekanen (bzw. ihren Vertretern), aus dem Domkapitel und den gewählten Vertretern der Institutionen im Bistum. Der Bischof beruft den Priesterrat ein und steht ihm vor. Der Priesterrat ist ein beratendes Organ. Sprecher des Priesterrats ist derzeit der Regensburger Stadtdekan Alois Möstl.
Diözesanpastoralrat
Der Diözesanpastoralrat soll unter der Autorität des Diözesanbischofs alles, was die seelsorgliche Tätigkeit in der Diözese betrifft, untersuchen, beraten und hierzu praktische Folgerungen vorschlagen.
Diözesankomitee
Das Diözesankomitee ist der vom Diözesanbischof anerkannte Katholikenrat im Sinne des Konzilsdekrets über das Apostolat der Laien (Art. 26). Das Komitee koordiniert die Arbeit der Katholischen Verbände und Geistlichen Gemeinschaften, die je einen Vertreter in dieses Gremium entsenden. Im Diözesankomitee des Bistums Regensburg sind alle kirchlich anerkannten und auf Diözesanebene bestehenden Katholischen Verbände und Geistlichen Gemeinschaften vereint. Sie unterstützen die apostolische Tätigkeit der Kirche unter Wahrung ihrer Eigenart und Eigenständigkeit. Das Diözesankomitee berät über dazu erforderliche gemeinsame Schritte, fasst Beschlüsse und führt diese selbständig durch, all dies im Einvernehmen mit dem Diözesanbischof.