Privatkonkurs bietet Chance für wirtschaftlichen Neuanfang
Ulrike (48) hat für den Kredit ihrer Schwester gebürgt. "Nur eine Formsache!", beruhigten damals die Schwester und der Sachbearbeiter der Bank. Doch leider war die neugegründete Firma nicht erfolgreich, Ulrikes Schwester schlitterte zurück ins Arbeitslosengeld II. Es blieben nur Schulden übrig - und plötzlich wurde Ulrike selbst aufgrund der Bürgschaft voll in Anspruch genommen. Da sie nur über ein geringes Einkommen verfügt und zwei Kinder zu versorgen hat, kann sie den geforderten Betrag nicht zurückzahlen.
Ebenso ging es Theresa (69): Den Kredit, den sie damals mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Mann aufgenommen hat, kann sie nicht mehr zurückzahlen. Ihre Rente ist nach Abzug der Miete und sonstiger festen Kosten zu gering. Monatelang hat sie versucht, den Kredit ordnungsgemäß zu begleichen. Leider ging dies aber nur mit neuen Schulden. Als Theresa in die Beratungsstelle kam, war auch ihr Girokonto hoffnungslos überzogen. Die Bank drohte bereits mit Kündigung.
Für beide Frauen ist durch das geregelte Insolvenzverfahren ein Licht am Ende des Tunnels zu erkennen: Sechs Jahre werden sie ihre pfändbaren Beträge an den Treuhänder abgeben und 2015 schuldenfrei sein. Die Schuldnerberater der Caritas begleiten diesen Prozess. Gerade in Krisenzeiten kommen jährlich weit über 1000 Personen in die anerkannten Insolvenz- und Schuldnerberatungsstellen der Caritas. In der Diözese Regensburg gibt es solche in Cham, Deggendorf, Kelheim, Regensburg, Straubing und Viechtach.
Ratsuchende erhalten dort Hilfestellung in allen wirtschaftlichen und sozialen Fragen, die im Zusammenhang mit einer Verschuldung auftreten. Für überschuldete Verbraucher gibt es ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur Schuldenbereinigung, an dessen Ende die verbleibenden Verbindlichkeiten erlassen werden können, eine "Restschuldbefreiung". Der Verbraucherkonkurs bietet die Chance für einen wirtschaftlichen Neuanfang und gibt Hoffnung für ein weiteres Leben ohne Schulden.
Voraussetzung für die Antragstellung eines Insolvenzverfahrens ist zunächst der Versuch, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern zu erreichen. Ist dieser erfolgreich, erübrigt sich ein gerichtliches Verfahren. Scheitert er jedoch, wird dieses Scheitern von den Beratungsstellen bestätigt. Nur zwölfmal haben sich Gläubiger und Schuldner ohne gerichtliches Verfahren auf eine Schuldenbefreiung geeinigt. "Die Gläubiger sind immer weniger bereit, auf eine gütliche außergerichtliche Einigung einzugehen", stellt Alfred Damberger von der Caritas Regensburg fest. Ursache sei wohl das durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit sinkende Einkommen, vermutet er. Ebenso sei eine Zunahme der Gläubigeranzahl bei niedrigen Forderungshöhen zu bemerken. Dies lasse darauf schließen, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II oder andere mit niedrigem Einkommen immer mehr Gegenstände des täglichen Lebens auf Pump kaufen. Rücklagen könnten nur mehr schwer gebildet werden.
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle von Verbraucherinsolvenz, mussten die Beratungsstellen bestätigen, dass der Vergleichsversuch gescheitert ist. Mit dieser formalen Bestätigung kann ein Betroffener einen Insolvenzantrag beim zuständigen Gericht stellen. Die Schuldner haben dann klar definierte Pflichten: Sie müssen eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben bzw. sich darum bemühen. Sie müssen jeden Wohnungs- und Arbeitsplatzwechsel anzeigen. Sie müssen ererbtes Vermögen zur Hälfte herausgeben und sie müssen sechs Jahre alle pfändbaren Beträge an den Treuhänder abführen. Halten sie sich an diese Auflagen, dürfen sie sich nach dem festgelegten Zeitraum auf ein schuldenfreies Leben freuen.
Die Beratungsstellen der Caritas im Bistum Regensburg setzen damit die in ihren Qualitätsleitlinien formulierten Grundsätze zum Wohle der Ratsuchenden um: Ziel der Beratung ist nicht nur, die überschuldeten Menschen wieder zur Teilhabe am Wirtschaftsleben zu befähigen. Wesentlich ist, dass bei ihnen eine nachhaltige Änderung ihres Verhaltens eintritt. Erkennbar wird dies, wenn die Überschuldeten zukünftig verantwortungsvoll zwischen ihren Konsumwünschen und den vorhandenen finanziellen Ressourcen abwägen.
Herr T. hat bereits 2003 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Nach den vorgeschriebenen Fristen bekam er den richterlichen Beschluss über den Erlass seiner Restschulden. Befreit stellt er fest: "Ohne Hilfe der Caritas hätte ich das nie geschafft."
Zusatzinfo: Wie läuft ein Verbraucherinsolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren ab?
Außergerichtlicher Einigungsversuch (nicht älter als 6 Monate)
- als Zugangsvoraussetzung zum gerichtlichen Insolvenzverfahren
- auf der Grundlage eines Planes mit allen Gläubigern
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und evtl. Stundung der Verfahrenskosten
Insolvenzverfahren
- Bestellung des Treuhänders
- Lohnpfändung durch Treuhänder
- Verwertung des Vermögens
- Vermögenszuwachs voll pfändbar
- Erstellen der Insolvenztabelle
- Vollstreckungsverbot der Gläubiger
Restschuldbefreiungsverfahren
- Pfändbare Einkommensteile an den Treuhänder
- Bemühung um und Annahme von zumutbarer Arbeit
- Vermögenspfändung begrenzt auf die Hälfte einer eventuellen Erbschaft (auch: Schenkung mit Rücksicht auf künftiges Erbrecht)
- Weitere Obliegenheiten (= Pflichten) nach § 295 Insolvenzordnung
Dauer: Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren sechs Jahre