v.li.: Diözesan-Caritasdirektor Michael Weißmann, Gabriele Dotzer, Leiterin der Caritas Schwangerschaftsberatung, und Diözesan-Caritasvorsitzender Michael Dreßel bei der Pressekonferenz zum goldenen Jubiläum der Caritas Beratung für Schwangerschaftsfragen und junge Familien in Regensburg. Foto: H.C. Wagner
Regensburg. Die Caritas Beratung für Schwangerschaftsfragen und junge Familien in Regensburg feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen. Im Jahr 1974 wurde die Beratungsstelle in Regensburg als einzige in der Oberpfalz und als erste der Caritas bayernweit eröffnet - und hat seither mehr als 90.000 Frauen und junge Familien unterstützt. Die Zahl der Beratungskontakte liegt bei 150.000, die Höhe der vermittelten finanziellen Hilfen bei mehr als 22 Millionen Euro. "Die Zahl der Ratsuchenden ist in den vergangenen Jahren permanent angestiegen", sagt Gabriele Dotzer, Leiterin der Caritas Schwanger-schaftsberatung. "Wir unterstützen seit einem halben Jahrhundert Frauen, Paare und junge Familien."
"Wir dürfen stolz darauf sein, dass es die Regensburger Caritas war, die als erste vor 50 Jahren erkannte: Hier ist ein wichtiger Bereich, in dem wir aktiv werden müssen", sagt Diözesan-Caritasvorsitzender Michael Dreßel. Mit Blick auf die aktuell geführte Debatte um eine Reform des Paragrafen 218 verwies Dreßel auf die unverletzliche Würde jedes Menschen, die das Grundgesetz in Art. 1 verbürgt und die ihr tiefstes Fundament im christlichen Menschenbild hat: "Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes, von ihm geschaffen und erlöst und mit einer Würde beschenkt, die ihm niemand nehmen kann und niemand nehmen darf."
Die Würde des Menschen vom Beginn des Lebens bis zu seinem natürlichen Ende steht im Mittelpunkt des christlichen Denkens und Handelns. Die Arbeit der Katholischen Schwangerschaftsberatung in der Diözese Regensburg setzt oft schon weit vor der Geburt eines Kindes an und geht weit darüber hinaus. An zwölf Standorten im Bistum suchten im Jahr 2023 rund 5000 Menschen Kontakt zu den Fachstellen der Schwangerschaftsberatung unter dem Dach der Caritas.
Die Caritas Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen in Regensburg liegt seit dem Jahr 2022 im Caritas Beratungszentrum St. Gabriel. "Mit unserem Beratungsangebot für Frauen und junge Familien verleihen wir unserem Grundauftrag Gestalt: der Nächstenliebe", sagt Diözesan-Caritasdirektor Michael Weißmann. Die Beratungsarbeit sei ein Wesenselement der caritativen Arbeit. "Wer die Caritas aufsucht, tut das aus einer Not heraus", sagt Weißmann. "Wir wissen, dass jeder Mensch irgendwann in seinem Leben auf Hilfe angewiesen ist, dann möchten wir da sein und eine Tür öffnen." Von Anfang an bildeten neben der Konfliktberatung auch die Allgemeine Schwangerschaftsberatung vor der Geburt und die Beratung und Begleitung nach der Geburt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes die Grundpfeiler.
Das Hilfs- und Beratungsangebot für Schwangere und junge Familien ist breit, wie die Referatsleiterin Gabriele Dotzer erklärt. Es wird ausschließlich aus kirchlichen Mitteln finanziert, und zwar in Höhe von knapp zwei Millionen Euro jährlich. Dotzer sagt: "Wir unterstützen und begleiten Frauen und Paare dabei, sich ein gutes und sicheres Leben mit ihrem Kind aufzubauen."
In ihre Beratungsstelle kommen Frauen, die manchmal Existenzängste plagen oder die in finanzieller Not stecken, die in problematischen Wohnverhältnissen leben oder Gewalt und Konflikte in ihrer Partnerschaft erleben. In die Beratung kommen aber auch Frauen, die eine ungeplante Schwangerschaft konflikthaft erleben oder die nach einem Schwangerschaftsabbruch mit psychischen Folgen kämpfen. Es kommen junge Familien, die das Elternsein stark fordert oder Frauen und Paare mit Fragen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zu Elternzeit und Elterngeld. In der Beratungsstelle bekommen die Frauen und Familien die benötigten Informationen und Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche.
Auch bei Themen wie Familienplanung und Kinderwunsch, postnataler Depression oder bei auffälligen Befunden in der Schwangerschaft unterstützen und begleiten die Beraterinnen ihre Klientinnen. Kurse und Gruppen oder Vorträge vor und nach der Geburt runden die Angebotspalette ab. Auch finanzielle Hilfen spielen eine Rolle. Tausende Anträge werden jedes Jahr durch die Caritas Schwangerschaftsberatungsstellen gestellt und damit Leistungen in Höhe von jährlich rund 1,4 Millionen Euro vermittelt.
Hintergrundinfo und Entwicklung
Die Regensburger Beratungsstelle öffnete am 1. Oktober 1974 - und war die einzige in der Oberpfalz sowie bayernweit die erste der Caritas. Von Anfang an bildeten neben der Konfliktberatung auch die Allgemeine Schwangerschaftsberatung vor der Geburt und die Beratung und Begleitung nach der Geburt bis zum dritten Lebensjahr des Kindes die Grundpfeiler.
Alles begann mit einer politischen Entscheidung in Bonn. Der Bundestag verkündete am 21. Juni 1974 eine Reform des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch: Schwangerschaftsabbrüche sollten in den ersten zwölf Wochen straflos sein. Diese sogenannte "Fristenregelung" kam so nie, das Bundesverfassungsgericht kippte sie 1975. Die nie wirksam gewordene Reform des Paragrafen 218 markiert aber den Start der Beratungsangebote für Schwangere. Mit dem bundesweiten Modellprogramm "Beratungsstellen im Rahmen ergänzender Maßnahmen zur Reform des §218 StGB" öffnete die Regensburger Beratungsstelle der Caritas als eine von wenigen bundesweit.
Das Beratungsangebot wurde in den Folgejahren diözesanweit ausgebaut - mit Standorten in Weiden, Deggendorf, Straubing, Landshut und zuletzt Schwandorf. Mit sechs weiteren Außensprechtagen in Cham, Kelheim, Amberg, Tirschenreuth, Dingolfing und Plattling existierte bald in der gesamten Region ein wohnortnahes
Angebot für Frauen, Männer und junge Familien. Indes wurde es um den Paragrafen 218 nie ruhig. Mit der Wiedervereinigung entflammte die Diskussion um den "Abtreibungsparagrafen" erneut. In den ostdeutschen Ländern galt die Fristenregelung. Ein gemeinsames Recht trat im Jahr 1995 in Kraft und gilt bis heute: die Beratungsregelung.
Frauen, die in den ersten zwölf Wochen die Schwangerschaft abbrechen wollen, müssen davor verpflichtend zu
einer anerkannten Beratungsstelle gehen. Diese Beratung müssen sie sich schriftlich bestätigen lassen. Nach einem Beschluss des Papstes werden seit dem 1. Januar 2001 in den katholischen Schwangerschaftsberatungs- stellen keine Beratungsnachweise nach Paragraf sieben des Schwangerschaftskonfliktgesetzes (SchKG) mehr ausgestellt. Der damit einhergehende Verlust der staatlichen Anerkennung als Schwangerschaftskonflikt- beratungsstelle hatte zur Konsequenz, dass in zahlreichen Bundesländern erst einmal öffentliche Fördermittel erheblich reduziert oder vollständig gestrichen wurden.
In vielen Diözesen, so auch in der Diözese Regensburg, wurde der Wegfall der staatlichen Förderung durch kirchliche Mittel kompensiert. Die deutschen Bischöfe hatten sich in Übereinstimmung mit dem Papst dafür entschieden, dass die Beratungsarbeit nicht nur fortzuführen sei, sondern sogar verstärkt werden solle. Die Nachfrage ist seither ungebrochen hoch. Spezifisch für das Konzept der katholischen Schwangerschaftsberatung ist die enge Verknüpfung von psychosozialer Beratung und der Vermittlung konkreter Hilfen, um den Rat- suchenden individuelle Unterstützung in der Schwangerschaft und über die Geburt hinaus anzubieten und so
die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern. Damit der Start ins Leben gelingt.
Die Caritas Schwangerschaftsberatung Regensburg in Zahlen
Gründungsjahr: 1974
Unterstützte Frauen: 91.540
Beratungskontakte: 149.870
Vermittelte finanzielle Hilfen: 22.564.738 Euro