Regensburg. Hinter dem Begriff "Inklusion" stehen Geschichten von Menschen - wie die von Emma*, einer 14-jährigen Klientin der OBA. Welche täglichen Herausforderungen dabei entstehen, schildert Konrad Kett, Referatsleiter der OBA:
Emma leidet unter Wahrnehmungsstörungen und kognitiven Beeinträchtigungen. Als ihre Betreuerin Franziska Bach sie an einem Samstag ins Freibad begleitet, gerät die Situation außer Kontrolle: Die Betreuungszeit neigt sich dem Ende zu, aber Emma schreit nach einem dritten Eis, Tränen überströmen ihr Gesicht, sie schlägt um sich - und alle Blicke sind auf Betreuerin Bach gerichtet. "Was machen Sie denn mit dem Mädchen da?" fragt einer der Badegäste, die die Situation beobachten. Für Außenstehende wirkt diese Szene befremdlich, doch für Assistentinnen und Assistenten von Menschen mit Handicap und vor allem für deren Familien ist das oft Teil einer weit komplexeren Realität.
Entlastung für Familien, Engagement und Teilhabe
Für Emmas Eltern bedeuten solche Betreuungsstunden wie der Freibadbesuch nicht nur eine kurze Auszeit vom fordernden Alltag, sondern vor allem auch das Vertrauen, dass ihr Kind in guten Händen ist. "Drei Stunden Ruhe und Zeit für wichtige Erledigungen - das ist für viele Eltern unserer Klienten unbezahlbar", erklärt Konrad Kett, der seit fast 30 Jahren die OBA in Regensburg leitet. Doch Kett weiß auch: Die Ressourcen sind knapp. Sechs pädagogische Fachkräfte und einige Hilfskräfte betreuen rund 150 Klientinnen und Klienten im Familienentlastenden Dienst. Die Warteliste ist lang. Bis zu sechs Monate müssen Eltern auf einen Platz warten. "Eigentlich müssten wir unser Angebot dringend ausbauen, doch mit den aktuellen Mitteln kämpfen wir darum, den Status quo zu erhalten." Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen nach dem Bundesteilhabegesetz will die Regierung für kommendes Jahr mit 135,48 Millionen Euro fördern. Im Etat für 2024 waren dafür noch 234,03 Millionen Euro eingestellt.
Die Herausforderung wächst - die Unterstützung bleibt aus
Trotz moderner medizinischer Fortschritte, die die Lebenserwartung behinderter Kinder verlängern, bleiben die Aufgaben der OBA dieselben wie in den 1990er-Jahren: Beratung, Vernetzung, Integration und die Umsetzung von Teilhabe. Der Bedarf wächst stetig, doch das gesellschaftliche Interesse an Menschen mit Behinderung und ausreichende Hilfen für die Betroffenen bleiben hinter den Anforderungen zurück. "Viele Eltern von Kindern mit Behinderung sind am Ende ihrer Kräfte und haben nicht die Möglichkeit, für ihre Rechte auf die Straße zu gehen oder sich öffentlich Gehör zu verschaffen", so Kett.
Die Offene Behindertenarbeit der Caritas steht für ein menschliches Miteinander und fordert mehr Anerkennung und Unterstützung für Familien, die tagtäglich das Unmögliche leisten. "Inklusion und Teilhabe sind kein Luxus, sondern ein Menschenrecht", betont Kett. Die OBA setzt sich dafür ein, dass Familien wie die von Emma entlastet werden und Menschen mit Behinderung ihren Platz in der Gesellschaft finden - auch wenn das manchmal bedeutet, ein lautierendes Kind im Schwimmbad anzutreffen.
Über die OBA der Caritas Regensburg
Das OBA-Angebot des Caritasverbandes ist vor allem für Familien mit Kindern und Jugendlichen mit Behinderung gedacht. Es richtet sich aber auch an körperbehinderte und chronisch kranke Erwachsene, sowie an ältere Menschen mit Behinderung. Die familienunterstützenden Dienste bilden hierbei einen Schwerpunkt. Unter anderem unterstützt der OBA-Fachdienst stunden- und tageweise behinderte Kinder und Jugendliche, stellt Besuchs- und Begleitdienste und Hilfen bei der Freizeitgestaltung zur Verfügung. Es gibt regelmäßige Gruppenangebote sowie ein- und mehrtägige Freizeit-, Bildungs- und Begegnungsmaßnahmen für alle Zielgruppen. Daneben sind Beratung, inklusive Projekt- und Gemeinwesenarbeit weitere feste Bestandteile des Fachdienstes.
*Namen wurden geändert