Nichts geht mehr, jedes Wort, jeder Schritt, jede Tätigkeit ist zu viel: "Ich hatte weder Lust noch Kraft, mich täglich zu rasieren, zu waschen, neue Kleidung anzuziehen", erzählt ein Betroffener. Depression ist wohl die am meisten unterschätzte Krankheit. Rund 350 Millionen Menschen leiden weltweit daran. Betroffene fühlen sich alleine gelassen, sehen sich als Sonderlinge; sie meiden Gesellschaft, wollen sich verstecken - meistens im Bett - und wollen nicht mehr aufstehen.
Ein depressiver Mensch ist besonders anfällig für Alkohol- oder Drogenmissbrauch. "Gerade dämpfende Suchtmittel wie Alkohol, Benzodiazepine wie zum Beispiel Diazepam oder Opiate mindern anfangs die Symptome einer psychischen Erkrankung", sagt Pia Sorgend, Psychologin und Beraterin bei der Caritas Fachambulanz für Suchtprobleme in Dingolfing. Der Betroffene gewöhne sich rasch an die Suchtmittel und erhöhe ständig die Dosis.
Umgekehrt kann ein Suchterkrankter in eine Depression versinken. "Suchterkrankung und Depression beeinflussen sich gegenseitig. Oft bleibt unklar, ob bei einem Betroffenen zuerst die Sucht oder zuerst die Depression aufgetreten ist", so Sorgend. An beiden Störungen sind ähnliche Neurotransmitter beteiligt, Botenstoffe, die an chemischen Synapsen die Erregung von Nervenzelle zu Nervenzelle übertragen.
In der Depressionsgruppe will Sorgend mit dem Team der Suchtberatung bei der Caritas in Dingolfing Menschen unterstützen, die an einer Depression und Suchterkrankung leiden. In der Gruppe können sie sich austauschen und erhalten Strategien, wie sie die Kombination von Depression und Sucht besser bewältigen. Sorgend: "Vor allem zeigen wir ihnen Wege im Umgang mit der Depression auf, die ihnen eine Alternative zu den Suchtmitteln bieten sollen." Die Berater gehen dabei auf die unterschiedlichen Verläufe der Depression ein. "Mit einer solchen Behandlung ist es wahrscheinlicher, dass eine Depression nicht mehr auftritt oder schneller vorübergeht."
Wie hängt Depression und Sucht zusammen? Wie baue ich positive Aktivitäten in meinen Alltag ein? Wie verändere ich meine negative Sicht auf die Welt, zum Beispiel mit einem Positivtagebuch? Das sind einige Themen der Dingolfinger Depressionsgruppe. Dabei steigt das Interesse an der Gesprächsgruppe ständig. Das sei auch gut so, meint Sorgend. Betroffene sollten sich nicht alleine gelassen fühlen. Sozialer Kontakt und Austausch sind für einen an Depression und Sucht Erkrankten besonders wichtig, gerade in der Corona-Krise, in der Angst und Unsicherheit häufig den Krankheitsverlauf negativ verstärken.
Informationen zur Depressionsgruppe oder zum Angebot der Caritas Fachambulanz für Suchtprobleme in Dingolfing finden Sie unter: www.caritas-regensburg.de/fachambulanz-dingolfing oder unter Telefon 08731 / 325 73 30.