Die Zahl suchtkranker Personen in Gefängnissen ist in der Regel hoch, so auch in der Oberpfalz: In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Amberg haben Schätzungen zufolge etwa 70 bis 80 Prozent der Inhaftierten ein Suchtproblem, auch in der JVA Regensburg gehen Experten von etwa 70 Prozent aus. Hilfe direkt vor Ort bietet die Caritas Regensburg in den Justizvollzugsanstalten Amberg, Regensburg und Weiden.
Wie auch in anderen Beratungsstellen der Caritas ist für die Beraterinnen und Berater der Externen Suchtberatung das Ziel, gemeinsam mit den Betroffenen an ihrer Suchtproblematik zu arbeiten. Schon bei der Aufnahme in die jeweilige JVA werden die Neuankömmlinge auf das Angebot hingewiesen. Wünschen sie ein Gespräch, stellen sie einen Antrag und die Expertinnen und Experten der Caritas Suchthilfe suchen sie zeitnah für ein erstes Gespräch auf. Wichtig dabei: Sämtliche Beratungsgespräche obliegen der Schweigepflicht, auch im Gefängnis.
"Bei circa 85 Prozent der Betroffenen geht es in den Gesprächen um die sogenannten illegalen Drogen", berichtet Suchtberater Karl-Heinz Steckel, der für die Caritas Regensburg Inhaftierte mit Suchtproblemen in der JVA Amberg begleitet und betreut. "Alkohol macht dagegen nur 10 Prozent aus." Das sei ein deutlicher Unterschied zur Verteilung der Abhängigkeiten in der Gesamtgesellschaft, so Steckel weiter. Da es sich nicht selten um Opioidabhängigkeiten wie Heroin handelt, besteht für Häftlinge in Amberg und Regensburg die Möglichkeit, an einem Substitutionsprogramm teilzunehmen. "2020 wurden in Amberg 29 300 Dosen verabreicht, das heißt, es wurden durchschnittlich 80,27 Gefangene täglich zur Substitution geführt", sagt Steckel.
Auch bei anderen Suchtproblematiken bieten die Beraterinnen und Berater Unterstützung an: "Gerade nicht stoffgebundene Süchte wie zum Beispiel Spielsucht sind nicht sehr stark vertreten. Wir haben in der Regel ein bis zwei Betroffene pro Jahr", sagt Pollwein-Hochholzer, die Häftlinge in Regensburg berät. Im Unterschied zu Amberg und Weiden sind in der JVA Regensburg auch Frauen untergebracht. In dieser Gruppe beobachtet Pollwein-Hochholzer, dass - anders als bei männlichen Häftlingen - nach dem Entzug von Betäubungsmitteln in manchen Fällen eine Essstörung zu Tage tritt: "Oft hatte diese sich bereits in der Pubertät manifestiert; im Rahmen einer Suchtverlagerung tritt sie dann wieder auf."
Nach der Haft
Abhängigkeitserkrankungen begleiten Betroffene häufig ein Leben lang - deshalb reicht die Betreuung während des Gefängnisaufenthaltes alleine nicht aus. Für die Zeit nach der Entlassung vermitteln die Externen Suchtberaterinnen und -berater die Ratsuchenden an geeignete Stellen: Das können, je nach Situation, stationäre Einrichtungen wie Fachkliniken oder auch Beratungsstellen sein. Das weitreichende Netz der Suchthilfe der Caritas Regensburg spielt dabei eine große Rolle.
Da die Gefahr eines Rückfalls bei illegalen Drogen sehr hoch ist, erarbeiten die Klientinnen und Klienten gemeinsam mit den Expertinnen und Experten vorsorglich einen Notfallplan: An wen können sich die Betroffen im Falle eines Falles wenden, wo werden Entgiftungen durchgeführt, welche Beratungsstellen sind in der Nähe?
Mittlerweile sind Pollwein-Hochholzer und Steckel seit 30 beziehungsweise 40 Jahren bei der Caritas Regensburg tätig, viele Jahre davon in der Externen Suchtberatung. Sie wissen aus ihrer Erfahrung um die Notwendigkeit der Beratung, müssen aber feststellen: "Im Moment sind einige Stellen in der Externen Suchtberatung nicht besetzt. Die Träger geben die Trägerschaft ab, da die Beratungsstellen gravierend unterfinanziert sind", sagt Pollwein-Hochholzer. Dabei muss immer mehr für immer weniger geleistet werden. "Das Institut für Therapieforschung (IFT) sieht eine externe Suchtberaterin oder einen externen Suchtberater für 200 Gefangene vor. In der JVA Amberg waren 2020 aber 561 Gefangene inhaftiert", ergänzt ihr Kollege Steckel, der dort als einziger Suchtberater tätig ist. Deshalb sprechen sich die beiden für einen weiteren Ausbau der Beratungsmöglichkeiten in den JVAs aus - bayernweit.
Für viele suchtabhängige Inhaftierte ist die Externe Suchtberatung in den Justizvollzugsanstalten der erste Kontakt mit dem Suchthilfe-System, zudem ist dort der Zugang zur Beratung sehr niedrigschwellig. Genau deshalb kann ein Aufenthalt in einer Haftanstalt ein geeigneter Zeitpunkt sein, um einen Wendepunkt einzuleiten. Bei diesem Ziel unterstützen die Beraterinnen und Berater der Caritas Regensburg Betroffene mit all ihren zur Verfügung stehenden Möglichkeiten.
Zusatzinformationen:
Die Caritas Regensburg betreut mit drei Sozialpädagoginnen und -pädagogen sowie einer Diplom-Pädagogin bis zu 1800 Häftlinge in den Justizvollzugsanstalten Amberg, Regensburg und Weiden. Neben der Beratung unterstützen sie bei Kostenanträgen vor Behandlungsmaßnahmen und vermitteln Betroffene an weitere beratende und therapeutische Angebote.